von Michael Prochnow
Am Museumstag lädt der Geschichtsverein in Obertshausen ins Mayer-Haus zum Theaterstück.
Obertshausen – Bäuerin Agnes füllt den Raum am Hof von Graf Gerhard, indem sie aufgeregt mit den Armen rudert. „Meine Tochter ist weg“, lamentiert sie, dabei soll sie doch den Nachbarssohn heiraten. Der habe zwar vorne keine Zähne mehr, bringe aber eine gute Mitgift mit. Dann erscheint Bauer Bernhard, er vermisse seinen Sohn. Das Publikum im Karl-Mayer-Haus grinst schon vielsagend, und tatsächlich findet die Szene zum 950-jährigen Bestehen von „Villa Hyson“ ein Happy End.
Und wahrscheinlich ist Hausen noch viel älter. Diesen Schluss lassen die Funde zu, die Richard Plackinger in den 1970er-Jahren mit einigen Schülern auf dem Mäusehügel im Wald am Friedhof ausgebuddelt hat. Der gewellte Boden und der geplante Bau einer Straßenverbindung gen Hanau ließen die Gruppe nach Zeugnissen der Frühzeit suchen. Nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche stießen sie auf Hügelgräber der Kelten mit hauchdünnen, schwarzen Keramikschalen, Töpfen mit spitzem Boden, Perlen, Ringe, Fußreifen und Nadeln mit Verzierungen, Nagelkratzer und Ohrlöffel, erläuterte er. Pinzette und Mini-Schwert bezeugen, dass der Verstorbene adlig und reich war. Die Funde konnten die Besucher anlässlich des internationalen Museumstages in der Ausstellung des Werkstatt-Museums betrachten.
Auf eine Besiedlung um Christi Geburt könnten auch vermutete Reste einer Villa Rustica hindeuten, ein herrschaftliches Anwesen an der Römerstraße, der heutigen Bundesstraße 45, in Höhe des jetzigen Wiesenhofs. Nach dem Rückzug der Römer übernahm wohl ein fränkischer Graf das verlassene Anwesen mit der kleinen Siedlung Hintersemen.
Graf Gerhard vielleicht. Der Ritt im Jahre 1069 nach Frankfurt zu Kaiser Heinrich IV., wo gerodetes Neuland bei der Villa Hyson dem Kloster Johannesberg in Mainz geschenkt wurde. Darüber wurde eine Urkunde ausgestellt, die heute als offizielles Dokument über die erste urkundliche Erwähnung Hausens betrachtet wird.
Doch zurück zur Handlung des Theaterstückes: In der Abwesenheit ihres Gemahls ist Gräfin Adelheid allein daheim und versucht, zwischen der Bäuerin aus Hyson und dem Bauer aus Oberdueshuson zu vermitteln. Der Vogt Gernot findet heraus, dass die Vorfahren von Agnes anno 865, dem Gründungsjahr von Obertshausen, im Würfelspiel einen Ochsen an den Urgroßvater von Bernhard verloren haben.
In Seligenstadt sind beide Parteien zu Strafen verurteilt worden, findet Pater Anselmus in den Abgabebüchern im Zehntregister heraus. Darum erfüllt eine Fehde beide Familien, sie gehen sich hasserfüllt aus dem Weg. Außer die jüngste Generation: Brunhilde und Wulfhard. Die beiden gesuchten jungen Leute, sind nach Seligenstadt geflüchtet und wollen die dortige Basilika nicht verlassen, bis sie einander heiraten dürfen, berichtet Gernot. Gräfin Adelheid trifft eine weise Entscheidung: Glücksspiele, deren Einsatz einen Tageslohn übersteigt, sind fortan verboten, junge Leute können als freie Christenmenschen heiraten, wen sie wollen. So sind „alle Geheimnisse gelüftet“, bemerkt Erzählerin Sophie Eckert, „und Geschichte wird nicht nur von Männern geschrieben“.
Das Bühnenstück stammt aus der Feder von Dr. Manuela Baumgart, die auch die Regie führt. Sie spielt zudem die Gräfin, Tobias Kurz den Vogt, Bea Dietz die Bäuerin aus Hyson, Roland Schmachtl den Oberdueshusoner Bauern, Sylvia Piertoh die Magd Margarethe und Oliver Bode den Pater.
Der Blick in die Historie wird zum Auftakt der Jubiläums-Feierlichkeiten am 6. Juni und eventuell im Bürgerhaus erneut aufgeführt. Den internationalen Museumstag im Werkstatt-Museum bereicherte im Hof eine Ausstellung von Tieren des Rasse-Geflügelzuchtvereins Hausen.
Vorsitzender Erhard Dietz und sein Team hatten Chabo-Küken mitgebracht, Pfau- und arabische Trommeltauben, deutsche Zwerg-, Brahma- und Seidenhühner sowie Wachteln. Aus den Eiern der Zwerghühner hatten Mitglieder einen Likör zubereitet. Armin Paul, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins, war auch für die Gulaschsuppe, die Jörg Schüßler über dem Kocher rührte, und das Kuchenbüfett dankbar.