Versuche einer Rekonstruktion
von ARMIN PAUL
Die schriftlichen Überlieferungen zu der mittelalterlichen Befestigungsanlage in Obertshausen sind relativ dürftig – ein Zeichen das wohl für eine recht geringe Bedeutung des Bauwerks spricht.
Da Obertshausen der Gerichtsbarkeit des Steinheimer Zentgerichts zugehörig war, findet sich im Steinheimer Salbuch aus dem Jahr 1576 folgende Eintragung: „item der Hayn umb die Borgk ist 9 morgen und stosst uff Epenstein“. Demnach umgab die Burg ein 9 Morgen großes Waldgebiet, das an die Eppsteiner Besitzungen in Obertshausen, ein Hofgut mit 150 Morgen landwirtschaftlicher Nutzfläche und 30 Morgen Wiesen, grenzte.
Die Erbauer der Obertshausener Burg bleiben im Dunkeln. Allerdings dürften die Herren Wigger und Gottfried von Hausen, deren Namen aus Schriftquellen des 12. Jahrhunderts bekannt sind, in Zusammenhang mit der „Burg im Hain“ stehen, wobei diese vermutlich als Stammsitz der Herren von Hausen anzusehen ist. Unter den nachfolgenden Hainhausenern und Eppsteinern verlor die Burg allerdings ihre Bedeutung; während der Turm der vergleichbaren Anlage im benachbarten Dreieichenhain als Eckturm in die staufische Befestigung integriert wurde, wurde die Obertshausener Burg aufgegeben
Über die Jahrhunderte diente die Burg als Steinbruch und die Bevölkerung bediente sich ihres Baumaterials. Aus den Ergebnissen der in den Jahren 1964 und 1974 stattgefundenen Grabungen und Untersuchungen wissen wir dennoch einiges über ihr Aussehen.
Als typische Turmburg besaß die Befestigunganlage in ihrer Mitte einen runden Turm mit einem Außendurchmesser von 10,2 Metern und einer Mauerstärke von 2,4 Metern im Fundamentbereich. Eine aus unterschiedlichen Gesteinen wie Basalt, Trachyt, Kalkstein und Arkosesandstein errichtete gemörtelte Mauer mit einer durchschnittlichen Breite von 2,2 Metern umschloss eine Gesamtfläche von etwa 28 mal 31 Metern. Rund um die Ringmauer erstreckte sich eine 1 Meter breite Berme, also ein horizontaler Absatz, danach schloss sich ein vorgelagerter Graben mit einer Tiefe von rund 2,5 bis 3 Metern an, der aufgrund des damals hohen Grundwasserspiegels ständig mit Wasser gefüllt sein durfte. Alles in allem war die kleine Anlage nicht das imposante Märchenschloss, das sich vergangene Generationen in ihrer Phantasie erträumten und von dem auch einige künstlerische Interpretationen existieren. Trotzdem hat die Burg im Hain für Obertshausen einige Bedeutung – denn es handelt sich dabei um die ältesten noch existierenden Siedlungsreste in unserer Stadt.
Nach den ersten Ausgrabungen 1964 gab es Überlegungen, wie man das Gelände um die Burg gestalten könnte. Die Ideen des damaligen Rektors der Joseph-Von-Eichendorff-Schule und Ortschronisten Heinz Kahl reichten dabei von einer vollständigen Rekonstruktion bis zu den 1975 verwirklichten Mauerresten, die nur einen Grundriss der ehemaligen Anlage darstellen.
Erste künstlerische Rekonstruktion von Heinz Kahl 1966
Die letzte künstlerische Rekonstruktion des Dietzenbacher Malers Günther Eppmann aus dem Jahr 1997 zeigt wohl das realistischste Bild der Burg im Hain.
Im Jahr 2019 wurde das Gelände mit den Mauerresten der Burg aus dem „Dornröschenschlaf“ geholt, als das Weinfest dort sein neues Ausweichquartier fand.