Kabarettist und Asterix-Übersetzer Jürgen Leber zu Gast im Werkstatt-Museum
VON LISA SCHMEDEMANN
Obertshausen – Die Hessen und Hugenotten verbindet eine gemeinsame Geschichte. Hörbar wird diese etwa in manchen Vokabeln, die der hiesige Dialekt aufweist. Dass schon die Gallier bereits Hessisch babbelten, beweist der Kabarettist Jürgen Leber: Mittlerweile sind zehn Bände der Comicbuchreihe über Asterix und Obelix erschienen, die immer mal wieder Ärger mit „de „Babbsäck“, den Römern, haben.
Zu einer interaktiven Lesung mit dem Übersetzer Leber hat der Heimat- und Geschichtsverein ins Karl-Mayer-Haus geladen. Der Vorsitzende Armin Paul begrüßt bereits zum dritten Mal den „Nachhilfelehrer von Asterix“ und gibt die Bühne mit einem Grinsen frei. „Bevor ich mit der Lesung anfange, müssen wir erst noch ein paar allgemeine Dinge klären“, beginnt Leber. Schließlich sei ja nicht jeder Besucher mit dem Dialekt rund um Ebbelwoi, Rippscher und Kraut vertraut. Lediglich durch ein verlegenes Lachen machen sich ein paar fremde Zungen unter den Gästen bemerkbar, doch auch den Muttersprachlern schadet Lebers Grammatikstunde nicht.
„Wir lassen ja eigentlich jeden Buchstaben am Wortende weg“, sagt er, „was ja auch logisch ist.“ Denn wenn er schon am Ende steht, könne er auch nicht so wichtig sein. Ein anderes Thema ist der Genitiv. „Man sagt, der würde aussterben, dabei hat es den doch nie gegeben“, stellt der Gelegenheitslinguist fest. Während er weiter über das Wesen des gemeinen Hessen sinniert, vernimmt man immer wieder erstickte Lacher aus den Sitzreihen, die letztlich doch in ein Prusten übergehen, weil sie nicht länger versteckt bleiben können. Lachtränen glitzern in den Augenwinkeln. „Jaja, manche Witze dauern länger“, meint Leber verständnisvoll. „Das ist so ein netter Humor, einfach großartig“, findet Besucherin und Buchhändlerin Monika Küchler.
Dann wird es ernst. Leber nimmt einige Comichefte in die Hand und sagt: „Wir verteilen jetzt die Sprechrollen.“ Erfahrungsgemäß, so der Übersetzer, gingen die Finger beim Vorstellen der Figuren nicht etwa nach oben, sondern zeigten eher auf den Kopf des Sitznachbarn. Auf diese Weise werden Asterix, de Spachtelhannes, Lagerleiter Labbeduddelus und weitere Rollen verteilt. Abwechselnd lesen die Besucher vor. Dem Einen fällt es wegen der Sprachbarriere etwas schwerer, der Andere geht voller Inbrunst in seiner Rolle auf. Unterhaltsam ist das Event in jedem Fall – ob als Vorleser oder Zuhörer.
Der zehnte Band „Die Klaabankestadt“, im Original „Die Trabantenstadt“, erzählt von „dem Babbsack sei’m“ – also Cäsars – Vorhaben, das gallische Dörflein zu einem unbedeutenden Vorort einer römischen Siedlung zu machen. Als Spachtelhannes übernimmt der Dietesheimer Dirk Stoll das Abholzen des Waldes und wird jäh vom Obertshausener Reinhard Kratz-Küchler als Asterix in seinem Vorhaben unterbrochen.
„Heute lief es wirklich gut“, resümiert Leber. Dem Kabarettisten machen solche Lesungen im kleinen Rahmen mehr Spaß als das Auftreten vor einem großen Publikum. „Vor 200 bis 300 Leuten ist man doch recht einsam“, findet er. Diese Nähe schätzen auch die Gäste. Nach der Lesung bildet sich rasch eine Schlange vor Lebers Stehtisch, um den mitgebrachten oder eben gekauften Comic signieren zu lassen. Stoll hat eine Ausgabe aus seiner Sammlung dabei. „Ich sammle alle Dialektbände, also nicht nur die hessischen“, verrät er. Diese beanspruchen mittlerweile stolze 80 Zentimeter im heimischen Regal. Angefangen habe diese Sammelleidenschaft während der Bundeswehrzeit, als Stoll im Norden Deutschlands stationiert war. Aus ähnlichen Gefilden stammt Felicia Proschitzki. Die Berlinerin lebt seit 1981 in Obertshausen. „Das sind ja mittlerweile vertraute Klänge“, beschreibt sie die Lesung. Sie hält einen neuen Comic in der Hand und bittet Leber, ein bestimmtes Datum einzutragen. „Meine Kinder sind hessisch aufgewachsen“, erzählt Proschitzki, „mittlerweile wohnt mein Sohn in Kiel und heiratet bald.“ Das Buch soll hessisches Hochzeits-Mitbringsel werden.