„Eine Frau ist eine Frau …“

Spitzengilde präsentiert „weibsBilder“ im Karl-Mayer-Haus

VON MICHAEL PROCHNOW

Obertshausen – Die Deutsche Spitzengilde ist im Karl-Mayer-Haus und eröffnet den Reigen der Veranstaltungen des Heimat- und Geschichtsvereins stets mit der ersten Ausstellung im neuen Jahr. Diesmal hat Gilden-Vorsitzende Gudrun Borck den Verein artTextil aus Dachau eingeladen.

Weibsbilder beherrschen das Obergeschoss. Sie füllen Vitrinen und Räume des Werkstattmuseums, blicken den Besucher mit strengem Blick und breitem Grinsen entgegen. Die Frauenköpfe und -körper wurden geschaffen von Mitgliedern und Kurs-Teilnehmern des Vereins für künstlerisch-handwerkliches Gestalten. „Die Objekte zum Thema Frau sind so vielschichtig wie ihre Schöpferinnen und spiegeln Zeitgeist und Kreativität“, schwärmt Gastgeberin Borck.

Birgit Walkowiak hält ein Heft in der Hand. Es zeigt ein Dutzend Mal das gleiche Bild eines Schuhs, der aber in jeder Version weiter ausgestattet ist. Jede Teilnehmerin eines Kurses hat das Motiv mit Stickgarn und Farbe nach ihrer Fasson ergänzt. In einer anderen Runde haben sie Figuren bekleidet. Die Hexenartige zieht mit wehender Haarpracht im Stile der „roten Zora“ einen scheinbar flatternden Schweif von Briefmarken aus aller Welt durch eine Vitrine. Daneben erinnern sie mit Schnipseln in einem Leporello an die surrealistische mexikanische Malerin Frida Kahlo.

„Wir arbeiten mit fast allen Materialien“, sagt artTextil-Vorstandsmitglied Gonhild Murmann, „wir sticken, stricken, klöppeln und machen Patchwork“. In dieser Technik entstand eine Mata Hari, die der niederländischen Tänzerin und deutschen Spionin aus dem 19. Jahrhundert ähnelt, besetzt mit Applikationen, bedruckten und gefärbten Stoffen. Reste verwandten auch die Schöpferinnen der Marylin Monroes, deren Röcke aus Dessins der 70er Jahre, mit Blumen und Blüten, sowie aus winzigen Perlen bestehen.

Perlen – ein anderer Glasschrank zeigt Ergebnisse des Perlenbeutelstickens, einer alten Technik. „Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau ist eine Frau“, heißt es auf einem Band. Auch die des 21. Jahrhunderts steht auf Schmuck. Sein Stil kennzeichnet Kulturen, und die Japanerin trägt andere Kopfbedeckungen als eine Afrikanerin, erinnert die Schau im historischen Herz Obertshausens. „Sie geben niemals auf und kämpfen für ihre Rechte, verdienen den Lebensunterhalt für die Familie in einer Gesellschaft, die ihre Mitglieder zu hungernden Arbeitern macht.“ Die bayerischen Künstlerinnen bilden mit ihren Mitteln die Situation auf dem schwarzen Kontinent ab.

„In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst“, lautet eine andere Weisheit unter den Augen von Karl Mayer. Der Firmengründer lächelt milde aus einem gestickten Porträt und scheint über die Exponate der Gäste zu wachen. Die weit gereisten Talente präsentieren noch mehr „Black Work“ – „schwarze Arbeit“ – Konterfeis aus dunklem Faden auf hellem Grund. „Das ist das klassische Klöppeln“, sagt Sprecherin Walkowiak, es seien nur helle Fäden verwendet worden.

Die Auswahl umfasst auch Prosemanten-Knöpfe, wie sie Oma und Opa noch an der Bettwäsche und den Trachten hatten. Die Damen haben die Halterungen vergrößert und ihnen mit einer speziellen Wickeltechnik Farbeffekte verliehen. „Früher war die Handarbeit eine Notwendigkeit“, sagt Murmann. „Wir wollen die Vielfalt der alten Tradition pflegen und mit neuen Ideen erweitern.“ Bei der Vorstellung ihrer Produkte „lernen wir viele, interessante Leute kennen“.

Infos

Die Ausstellung ist bis zum 14. April im Karl-Mayer-Haus (Karl-Mayer-Straße 10) zu sehen, an jedem zweiten und vierten Sonntag von 14 bis 17 Uhr. Am 17. Februar steht ein Fachvortrag über „Bildstickerei – alte Technik neu interpretiert“ von Annemarie Pattis, Vorsitzende von artTextil e.V. auf dem Plan.