Am letzten Freitag hatte der Heimat- und Geschichtsverein Obertshausen e.V. zu einem Infoabend über das Naturschutzgebiet Hengster in das Werkstattmuseum „Karl-Mayer-Haus“ eingeladen.
Im gut besuchten Versammlungsraum des Werkstattmuseums berichtete der Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins, Armin Paul, über den geschichtlichen Werdegang des Hengster Moors. Von seiner Entdeckung durch den Offenbacher Hofrat Dr. Bernhard Meyer Anfang des 19. Jahrhunderts und wie es durch ihn schnell über die Grenzen Deutschlands als Botanisches Schatzkästlein bekannt wurde. Viele Botaniker trafen sich zu dieser Zeit im Neu-Wirtshaus, das am Rande des Hengstergebietes lag, um von dort aus ihre Exkursionen zu starten. Im Neu-Wirtshaus wurde ab dem Jahr 1884 ein Gästebuch geführt, im dem sie über ihre Erlebnisse im Hengster berichten. Es entstand das berühmte Botanikerbuch. Darin sind allerdings bereits früh erste Befürchtungen zu lesen, die für das Hengster Moor bestanden. Entwässerungsgräben der Landwirtschaft sollten dem Gebiet immer mehr urbares Land abtrotzen. Die Trockenlegung zerstörten aber diese pflanzenreiche Gebiet. Ab 1906 bemüht sich der Offenbacher Verein für Naturkunde durch Flächenerwerb im Kerngebiet des Moores um den Schutz des Hengsters. Dieses Kerngebiet, das heute südlich der Autobahn A3 liegt, wurde 1923 zum ersten hessischen Naturschutzgebiet erklärt. Leider konnte es trotz dieses Status seinen Moorcharakter nicht bewahren, denn durch den Bau der Autobahn und des Wasserpumpwerkes Lämmerhecke direkt am Rande des Naturschutzgebietes, fiel der Grundwasserspiegel bis zu sieben Meter ab. Heute gibt es keine moorigen Stellen mehr, es ist ein trockener Erlen-Birken-Buchenwald entstanden. Man kann aber auch ermutigende Zeichen entdecken. Das Naturschutzgebiet Hengster wird seit den 1980 Jahren durch die NAOM (Naturwissenschaftlicher Arbeitsgemeinschaft Obertshausen-Moosbach) gepflegt. So kam z.B. durch das Anlegen eines Teiches auf der „Schmetterlingswiese Karl Mayer“ selbst die fleischfressende Pflanze „Sonnentau“ zurück. Der Vorsitzender der NAOM, Karl Eckel, berichtete den Besuchern des Infoabends über die aktuelle Lage im Hengster und dass es zu früheren Zeiten im Gebiet von Obertshausen und Hausen viele dieser Feuchtgebiete gab.
Auch heute noch hebt sich der Hengster deutlich von den angrenzenden Forsten ab. So berichtete der Vorsitzende des NABU Obertshausen, Peter Erlemann, dass das Naturschutzgebiet Hengster für die Singvogelwelt ein bedeutender Lebensraum und Brutstätte ist. Im Wald ist der seltene Schwarzspecht zu hören, in den feuchten Wiesen brütet der Kiebitz. In den 1980er Jahre wurde das Gebiet von der NAOM und dem NABU genauer untersucht. So stellt man u.a. fest, dass es hier 63 Vogelarten – davon 46 Brutvögel und 17 Gäste gibt. Am Häufigsten waren Amsel (34), Kohlmeise (33), Rotkehlchen (31), Buchfink (25), Singdrossel (20) vertreten. Im Naturschutzgebiet gibt es vielfach Erlen und Birken, Weichhölzer. Dies ist ein Vorteil für Höhlenbrüter (Blaumeisen, Kohlmeisen und Trauerschnepper). Sie finden Nistplätze in ausgefaulten Löchern und Spechthöhlen.
Das Naherholungsgebiet Kreuzloch gehörte früher auch zum Hengster Moor. Heute erfüllt es eine wichtige Funktion für den Luftaustausch und ist der Frischluftzulieferant für die Stadt Obertshausen. Weiterhin ist dieses Gebiet auch der Lebensraum und Speisekammer für viele einheimische Tierarten. Von daher sollte das Kreuzloch bei der Neuauflage des regionalen Flächennutzungsplans 2020 keine weitere Planungsfläche für neue Wohnbebauung mehr sein.