17. Oktober 2021

H01 – Waldkirche

H01 Evangelische Waldkirche

(01) Geschichte der Evangelische Kirchengemeinde Obertshausen – Hausen

Die Auswirkungen der Reformation gingen an Obertshausen und Hausen – im Gegensatz zu anderen Orten in der Umgebung – lange Zeit nahezu spurlos vorüber. Die früheste Eintragung von 2 evangelischen Mitbürgern in Obertshausen lässt sich im Jahre 1828 verzeichnen; in Hausen werden erstmals 1836 einzelne Evangelische registriert.

Trotz der relativ späten evangelischen Gemeindegründung im Jahre 1951 ist in unserer Stadt in den vergangenen Jahrzehnten eine lebendige und aktive Gemeinschaft engagierter Christen entstanden, die sich, der Lehre Luthers gemäß, auf das Wort Gottes und dessen Verkündigung gründet. Bis dahin war es jedoch ein weiter Weg.

Offenbach, das 1559 gemäß dem Willen seiner Landesherren, der Fürsten von Ysenburg, erst lutherisch und 1598 dann reformiert (Calvin) wurde, war bis zum Jahr 1862 das kirchliche Zentrum der Region und somit auch für die wenigen Evangelischen in Obertshausen ihre zuständige Pfarrei. Hausen war bis 1898 Steinheim zugeordnet.

Durch den stetigen Anstieg der evangelischen Bevölkerung im Landkreis Offenbach, beschloss das Großherzogliche Oberkonsistorium in Darmstadt (kirchliche Verwaltungsbehörde) im Jahr 1862, zuerst in Heusenstamm, danach in Bieber, einen evangelischen Gottesdienst einzurichten.

Zu diesen Gottesdiensten, die zuerst im Saal einer Gaststätte und später in einer Privatwohnung stattfanden, kamen auch die evange­lischen Christen aus Obertshausen. 1868 konnte durch Spenden des Gustav-Adolf-Vereins in Bieber eine kleine Kapelle gebaut und im Dezember eingeweiht werden. Die Gottesdienste in Heusenstamm wurden dafür wieder aufgegeben.

1898 wurde die Landpfarrei Offenbach errichtet, zu der Bieber mit Heusenstamm, Obertshausen und Hausen gehörten.

1914 bekam Bieber eine eigene Pfarrstelle und wurde von Offenbach getrennt. Im gleichen Jahr weihte man das neuerbaute Pfarrhaus ein.

1915 gründete sich in Obertshausen ein Sammlungsverein mit dem Ziel, Geld für Gegenstände, ein Grundstück und eine Gottesdienststätte in Obertshausen zu sammeln. Diesem Sammlungsverein schlossen sich auch einige Evangelische aus Hausen an.

Am 18.5.1919 fand der erste evangelische Gottesdienst in Obertshausen in der Neuen Schule (heute Joseph-von-Eichendorff-Schule) statt. 1923 konnte ein Bauplatz an der Waldstraße, schräg gegenüber der Neuen Schule erworben werden.

1933 wurde in Hausen im Saal des katholischen Schwesternhauses (St. Josef Kirche) der erste evangelische Gottesdienst gehalten.

1945 kamen nach dem Krieg viele evangelische Flüchtlinge aus dem Osten nach Obertshausen und Hausen. Dadurch stieg die Zahl der Gemeindemitglieder stark an, so dass die bisher genutzten Räumlichkeiten nicht mehr ausreichten und der Bau einer Kirche notwendig wurde.

1950 übernahm Pfarrer Johannes Schilling aus Heusenstamm die Gemeindebezirke Obertshausen und Hausen. Heusenstamm hatte schon seit 1923 eine eigene Kirche und Pfarrstelle.

Am 1.10.1951 wurden Obertshausen und Hausen zu einer selbständigen Gemeinde mit eigener Buchführung zusammengeschlossen. Der erste gemeinsame Kirchenvorstand für Obertshausen und Hausen wurde gewählt. In seiner ersten Sitzung im Januar 1952 fasste er den Beschluss, möglichst schnell eine eigene Kirche zu bauen.

Im September wurde von der Gemeinde Hausen ein Bauplatz gekauft, der für beide Orte zentral liegt: im Eichenwald an der Straße von Obertshausen nach Hausen, der heutigen Schönbornstraße. Das Grundstück an der Waldstraße wurde wieder verkauft.

19.10.1952: Der Grundsteinlegung der Kirche wohnten nahezu 2000 Menschen bei, wobei es in Obertshausen und Hausen zu diesem Zeitpunkt erst 1000 evangelische Kirchenmitglieder gab.

Am 4.10.1953 wurde die Kirche eingeweiht. Im Kirchturm befinden sich vier Glocken:

  • Glocke von 1965 – Bibelvers: „Friede sei mit Euch“ – Johannes 20,21, mit Widmung „Zum Gedenken an den Erbauer der Kirche Pfarrer Johannes Andreas Schilling + 1965“; gestiftet von Firma. Karl Mayer. Durchmesser 1 Meter, Gewicht 590 kg, Tonart g‘, Glockengießerei Riecker
  • erste Glocke von 1957 – Bibelvers: „Siehe ich bin bei Euch bis an der Welt Ende“ – Matthäus 28,20. Durchmesser 85 cm, Gewicht 350 kg, Tonart b‘, Glockengießerei Riecker
  • zweite Glocke von 1957 – Bibelvers: „Dein Reich komme“ – Matthäus 6,10.
    Durchmesser 76 cm, Gewicht 250 kg, Tonart c“, Glockengießerei Riecker
  • Glocke von 1611 – Inschrift: „HANS PAMBERGER IN SCHWEIDNITZ GOS MICH ANNO 1611“. ein Geschenk der ev. Kirchengemeinde Heusenstamm zum Bau der Waldkirche 1953. Diese Glocke stammt ursprünglich aus Reichau (Kreis Strehlen/Niederschlesien, heute Zarzyca/ Polen).
    64 cm Durchmesser, Gewicht 140 kg, Tonart es“

Seit dem 1.4.1955 ist die pfarramtliche Verbindung mit Bieber gelöst. Auf die selbständige Pfarrstelle wurde am 20.5.1955 Pfarrer Johannes Schilling für Hausen und Obertshausen gewählt. Das erste angemietete Pfarrhaus in der Schulstraße 2 wurde bezogen. Der Gemeindegründungsprozess war somit abgeschlossen.

Im November 1960 konnte das Pfarrhaus Im Hasenwinkel bezogen werden.

1962 wurde eine Pfarrvikarstelle eingerichtet, die für Obertshausen zuständig war. 1969 erfolgte die Umwandlung in eine vollwertige Pfarrstelle. Sie wurde mit Pfarrer Volker Lotz besetzt und er versah hier seinen Dienst bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2005.

In dieser Anfangszeit bilden sich die ersten Gesprächsgruppen, in denen man sich über Lebens- und Glaubensfragen austauscht. Da sich diese Gruppen in privaten Häusern treffen, werden sie auch als „Hauskreise“ bezeichnet. Viele Teilnehmer fanden hier zu einer neuen oder ersten Beziehung zu Jesus Christus. Es war eine Zeit des geistlichen Aufbruches. Aktuell gibt es über 20 solcher Kreise, die sich unter der Woche treffen.

Es entstanden viele weitere Gruppen und Kreise. Von den Kinderstunden, Jugendkreisen bis zu den Seniorentreffs sind hier alle Generationen vertreten.

Ein weiterer neuer Aspekt war die finanzielle Unterstützung von Missionaren. 1974 wurde als erstes „Missionsehepaar“ Luise und Johannes Schürer nach Haiti ausgesandt. Zwischenzeitlich im Ruhestand, sind aber immer noch auf Haiti tätig. Diese missionarische Arbeit besteht bis heute, aktuell werden über 10 solcher Projekte unterstützt. Das jährliche Spendenaufkommen dafür beträgt über 54.000 EUR.

Der beständig wachsenden Gemeinde wurde mit dem Bau des Gemeindehauses neben der Kirche Rechnung getragen. Die Einweihung erfolgte am 11.9.1977.

In den Jahren 2015 – 2017 wurde das Gemeindehaus von Grund auf saniert und erweitert. Es erhielt ein deutlich größeres Foyer, das direkt an die Kirche angeschlossen ist. Dadurch wurde eine neue, attraktive Begegnungsstätte geschaffen, die u.a. sonntags nach dem Gottesdienst zum Kirchenkaffee und für eine kleine Bücherecke, aber auch unter der Woche für die unterschiedlichsten Treffen genutzt wird.

(02) Historie der Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Hausen und Obertshausen

Hausen:

1950 – April 1965
Johannes Schilling, Pfarrer

Okt. 1965 – Febr. 1986
Eckhard von Debschitz, Pfarrvikar; seit August 1968 Pfarrer

Jan. 1987 – Juli 1990
Thomas Blöcher, Pfarrvikar

Aug. 1991 – April 2002
Matthias Laubvogel, Pfarrer

Juni 2004 – Mai 2015
Ralf Richter, Pfarrer

Jan. 2016 – Aug. 2017
Hartmut Eglinksy, Pfarrer in Ausbildung (neue Bezeichnung für Pfarrvikar)

seit April 2018                      
Michael Zlamal, Pfarrer

Obertshausen:

1950 – August 1963
Johannes Schilling, Pfarrer

Sept.1963 – Okt. 1964
Norbert Hufnagel, Pfarrvikar

Nov. 1964 – April 1966
Wilhelm Krüger, Pfarrer

Mai 1966 – April 1968
Herbert Büttner, Pfarrvikar

Mai 1968 – April 2005
Volker Lotz, Pfarrvikar; seit Februar 1971 Pfarrer

Sept. 2006 – Aug. 2011
Michael Klesy, Pfarrer

seit August 2013
Kornelia Kachunga, Pfarrerin

(03) 37 Jahre Pfarrer Volker Lotz in Obertshausen

Am 1. Mai 1968 trat Volker Lotz als Pfarrvikar seine neue Stelle in Obertshausen an. Im April 2005 – 37 Jahre später – wurde Pfarrer Volker Lotz in den Ruhestand verabschiedet. Er ist als Pfarrer i. R. und als Mitarbeiter bis heute weiterhin in der Gemeinde tätig.

Ein Pfarrer erinnert sich…

Als Student arbeitete ich in meinen Semesterferien oft bei einer Baufirma in Oberursel, die Glasbausteine vermauerte. So kam ich als Bauarbeiter auch ab und zu nach Obertshausen.

Natürlich hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich später hier als Pfarrer einmal Gemeinde bauen würde.

Ich hatte keine große Vorstellung von Gemeindebau, aber mir war klar: Es ist wichtig, dass Menschen Jesus Christus kennenlernen und Gottes Wort, die Bibel, verstehen.

Was mir in den vergangenen Jahren viel Freude gemacht hat, war die Zunahme des Gottesdienstbesuches und die Erfahrung, dass immer mehr Menschen ihr persönliches Leben Jesus Christus anvertrauten. Viele von ihnen sind zu wertvollen Mitarbeitern in der Gemeinde geworden.

Im Jahr 1974 war so etwas wie ein geistlicher Aufbruch in der Gemeinde. Die Jahreslosung Haggai 2,5:“Mein Geist bleibt mitten unter euch, fürchtet euch nicht!“ ermutigte uns zum Gemeindebau, wie diese Worte damals die Israeliten zum Tempelbau ermutigt hatten. Ein Gast der Gemeinde forderte uns heraus mit seiner Frage: “Ist es bei euch auch so, dass ihr mit dem geringsten Gebetseinsatz die größten Erhörungen habt?“ – Wir ließen uns herausfordern und gründeten eine Gebetsgemeinschaft, die sich Samstagabends traf – und bis heute trifft -, um für die Anliegen der Gemeinde und den Gottesdienst zu beten. Das brachte eine deutliche Belebung des Gottesdienstes mit sich hinsichtlich der Atmosphäre, der Gestaltung und der Besucherzahl.

In den Jahren davor hatten wir oft im Sommer die Gottesdienstteilnehmer auf eine Seite des Kirchenschiffs gesetzt, damit sie sich in den einzelnen Reihen nicht so einsam fühlten. Jetzt änderte sich das, und es zog auch bauliche Veränderungen nach sich. Im hinteren Bereich der Kirche entfernten wir die große Mittelsäule, die mit einer Schiebewand verbunden den Gottesdienstraum von dem Raum unter der Empore trennte. Dieser hintere Raum wurde bleibend in den Gottesdienstraum integriert. Außerdem gestalteten wir die Empore um durch einen ansteigenden Sitzaufbau und ersetzten die undurchsichtige Brüstung durch ein transparentes Eisengitter. So wirkte sich wachsender Glaube auch im wachsenden Gottesdienstbesuch aus.

1977 kam dann der Neubau des Gemeindehauses hinzu, so dass wir endlich eigene Gemeinderäume hatten – außer der Kirche. Jetzt konnte der Kindergottesdienst parallel zum Gottesdienst stattfinden. Kaffee nach dem Gottesdienst vertiefte die Gemeinschaft. Die „Bücherkiste“ bekam ein Zuhause, die Gemeindesekretärin ein eigenes Büro, ein neuer Frauennachmittag entstand und vieles mehr. Vor allem gab es jetzt gemeindeeigene Toiletten. Hinter dem Gemeindehaus entstand ein Volleyball-Platz, der viel genutzt wurde, und heute für unsere Gemeindefeste einen freundlichen Rahmen bietet.

Unsere drei Kinder sind in Obertshausen groß geworden und haben hier Freunde gewonnen. So gibt es eine junge Generation von Evangelischen, die schon in Obertshausen aufgewachsen ist, während Ältere meistens zugezogen sind.

Was bleibt, ist der Dank: an Gott, der Bewahrung und Stärkung gegeben hat, der Dank an Mitarbeiter, auch an meine Frau, die sich einsetzen und Gemeinschaft ermöglichen – und auch der Dank an die Stadt für alle erfahrene Unterstützung.

Auf meinem Ordinationsbild erkennen Eingeweihte noch eine Reihe von „Pionieren“ aus der Gemeindegründungszeit nach dem Krieg.

Fast alle Personen auf dem Bild sind inzwischen bereits verstorben. Mein damaliger Kollege, Eckhard von Debschitz, war ab 1986 Pfarrer in Wiesbaden-Kohlheck. Er ist nun aber auch schon einige Jahre im Ruhestand. Hin und wieder folgt er einer Einladung zum „Männerfrühstück“, das alle zwei Monate am Samstagmorgen im Gemeindehaus stattfindet.